Klimaprotest Greta-Effekt

Der „Greta-Effekt“

Klimaschutzforderungen setzen Unternehmen unter Druck – sind sie Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Klimaschutz ist endgültig in einer breiten gesellschaftlichen, politischen und medialen Öffentlichkeit angekommen. Und bisher lässt nichts vermuten, dass das Thema einfach so wieder verschwindet. Insbesondere durch die ausdauernden Freitagsdemonstrationen hat Klima- und Umweltschutz in öffentlich geführten Diskussionen deutlich an Schärfe und ebenso an Verbindlichkeit gewonnen.

Dass Veränderungen hin zu einer umweltschonenderen Lebens- und Arbeitsweise notwendig sind, darüber bestand auch zuvor weitgehend Konsens. Die Debatte wird nun aber mit einer anderen Hartnäckigkeit und Dringlichkeit geführt, die Forderungen nach mehr Klimaschutz mit einer Vehemenz vorgetragen und nachgehalten, die neu ist. Das zeigt Wirkung: Die Frage, wer was zum Schutz von Umwelt und Klima – oder, je nach Perspektive, zu ihrer Zerstörung – beiträgt, ist eine, der man sich nicht entziehen kann. Eine die längst auch gesamtgesellschaftlich diskutiert und zu beantworten versucht wird. Und eine, um die politisch gestritten und gerungen wird.

Mehr als eine Modeerscheinung

Mit sich lautstark und ungeduldig artikulierenden Bürgern im Nacken steht die Politik unter Druck, Ergebnisse liefern zu müssen. Diese können aber nur zum Teil politisch-regulativer Natur sein. Die Politik ist auch auf die Umsetzungsfähigkeit der Industrie angewiesen. Effiziente Weiterentwicklungen, technische Innovationen und neue Geschäftsmodelle, die in der Praxis das realisieren, was in der Theorie beschlossen wurde, werden händeringend gesucht. Denn dass sich die Klimawende technologisch bewerkstelligen ließe, ist eine (zweifelhafte) Botschaft, die die Menschen beruhigen soll: „Keine Sorge, dein Lebensstil wird nicht angetastet“. Die Politik kommt so vermeintlich umhin, die Bevölkerung zum Verzicht zu zwingen. Eine erfahrungsgemäß unpopuläre Maßnahme; man denke nur an die Anregung der Grünen einen Veggie Day einzuführen oder hochkochende Emotionen beim bloßen Gedanken an ein Tempolimit auf Autobahnen.

Für Unternehmen stellt sich die Frage, welche Rolle sie dabei einnehmen: Sind sie Teil des Problems oder Teil der Lösung?

Gleich wie realistisch die Behauptung ist, die Konsequenz ist, dass die Sehnsucht nach Unternehmen, die vorangehen, groß ist. Damit steigt aber auch der Druck auf sie, ihren Beitrag zu einer umweltschonenderen, klimafreundlicheren und emissionsfreieren Wirtschaft zu leisten. Sich dieser Erwartungshaltung zu verweigern, ist weder unternehmerisch noch kommunikativ opportun. Denn jede Positionierung in der Debatte findet zurzeit unter strenger Beobachtung einer kritischen Öffentlichkeit sowie einer selbst unter Druck stehenden Politik statt. Gefragt sind daher nicht Rechtfertigungen für bisherige Geschäftsmodelle oder Glorifizierungen vergangener Leistungen – beides wird als relativierend, bremsend und gestrig empfunden –, sondern aktive Beiträge zu einer kohlenstoffärmeren Zukunft. Dazu gehört auch eine Kommunikation, die deutlich macht, dass das Unternehmen Teil der Lösung ist, nicht Teil des Problems.

Denn, die Agenda ist gesetzt: Dagegen zu argumentieren, kostet Kraft, politischen Einfluss und öffentliche Zustimmung – und gewinnt nichts. Umgekehrt bietet die Klimadebatte den Unternehmen Chancen: eine Bühne und ein aufmerksames Publikum.

 „Der ist ein Narr, welcher schwimmend gegen das Wasser kämpft, wenn er es schräg stromabwärts überqueren könnte“ (Ovid)

Das Ziel ist mehr oder weniger klar, der Weg dahin aber ist es nicht. Unternehmen, die Lösungen anbieten (auch kommunikativ), sichern sich damit Zugänge zu politischer Entscheidungsfindung, Unterstützung beim Umsetzungsprozess und öffentliche Rückendeckung. Und nebenbei stellen sie die Weichen, um ihr Geschäft zukunftsfest zu machen.

Denn die Frage, welchen positiven Beitrag Unternehmen zur Klimawende leisten können, ist eine, die auf der Ebene des jeweiligen Geschäftsmodells beantwortet werden muss: Was ist mein Geschäft und wer ist davon betroffen? Was erwarten meine Stakeholder von mir? Was sind die wesentlichen Themen meiner Geschäftstätigkeiten, also auf welche ökologischen und sozialen Aspekte wirkt sich mein Geschäft aus und auf welche habe ich Einfluss? Wo liegen Risiken in meiner Wertschöpfungskette und wie gehe ich mit ihnen um? Was ist der Kern meines Wertbeitrags, jetzt und in der Zukunft? Diese Fragen beantworten zu können, ist immer eine gute Idee. Aktuell stellen sie sich drängender denn je.

...würde gerne Instrumente spielen, kam aber nie über die Melodica hinaus. Bei BCC orchestriert er sogar und berät strategisch und kommunikativ zu Transformations- und Nachhaltigkeitsthemen. Dort wo sich Dinge an den Schnittstellen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bewegen, ist sein Interesse geweckt.
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